Label-Fit

Schweinehaltung fit für das Tierschutz-Label – Integrierte Entwicklung von Haltungs- und Verfahrenstechnik zur Transformation konventioneller Ställe (Label-Fit)

Was ist das Projekt Label-Fit?

Im Projekt Label-Fit wurden von Januar 2017 – Juli 2020 Möglichkeiten untersucht, wie man die Anforderungen der Einstiegstufe des „Tierwohllabels –Für mehr Tierwohl“ vom deutschen Tierschutzbund in bestehenden konventionellen Ställen umsetzten kann.

Die Anforderungen der Einstiegsstufe:

Mehr Platz pro Tier (Mast 1,1 m²)

Faserreiches Beschäftigungsmaterial (z.B. Stroh oder Heu)

Angebot einer geschlossenen Liegefläche

Verbot des Schwanzkupierens

Weniger Tiere pro Tränke- bzw. Futterplatz

 https://www.tierschutzlabel.info/richtlinien/

Welche Problemstellung ergeben sich aus den Anforderungen?


Teilprojekt I - Liegekomfort


In der LSZ Boxberg wurden vier Mast- und zwei Aufzuchtabteile umgebaut und über mehrere Durchgänge wurden Daten erhoben und ausgewertet. Es wurde das Verhalten der Tiere beobachtet sowie Tierwohlindikatoren und Stallklimadaten erhoben.

 

Ziel des Teilprojekts I - Liegekomfort:

In diesem Projekt wurde untersucht wie durch die Gestaltung des Liege- und Eliminationsbereiches eine zielgerichtete Nutzung durch die Tiere entsprechend der Funktion sichergestellt werden kann.

 

Untersuchte Ansätze:

       Buchtenstruktur (Anordnung Liegefläche und Fütterung)

       Vergleich perforierter Flächen (Betonspalten vs. Dreikant)

       Gruppengröße

       Heizen/Kühlen des Bodens

       Abdeckung über Liegefläche

       Hohe Lichtintensität im Spaltenbereich

 

Gruppengröße und Buchtenstruktur

  • Buchten für 25-30 Tiere sind gut zu strukturieren und die Gruppen leicht zu kontrollieren
  • perforierte Fläche an drei Buchtenseiten da Tiere bevorzugt an Wänden koten und harnen

Hohe Lichtintensität im Spaltenbereich

  • helles Licht macht den perforierten Bereich fürs Liegen unattraktiv
  • Bereich wird eher zum Koten und Harnen genutzt
  • zusätzlich könnte auch der Liegebereich abgedunkelt werden
  • Veröffentlichung hierzu: https://www.mdpi.com/2077-0472/10/3/56

Abdeckung über dem Liegebereich

  • durch geringe Beleuchtungsstärke unter der Abdeckung ist diese attraktiv für Liegen
  • Durch Lamellen sammelt sich Wärme unter der Abdeckung und es entsteht ein warmes Mikroklima
  • unter sehr warmen Bedingungen sollte Abdeckung hochklappbar sein




Heizen/Kühlen des Bodens

  • Optimale Temperatur im Liegebereich ist sehr wichtig
  • beim Einsatz von beheizten Flächen sollte die Umgebungstemperatur geringer sein, für bessere Akzeptanz
  • beheizte Liegefläche für junge Schweine unterstützen die Einteilung der Funktionsbereiche
  • gekühlte Liegefläche für große Mastschweine führen zu einer besseren Akzeptanz der Liegefläche sowie sauberen Tieren (Tiere suhlen sich weniger in Kot und Urin)
  • Veröffentlichungen: https://www.mdpi.com/2077-0472/10/7/307, https://www.mdpi.com/2077-0472/11/4/324

Wichtig im Kotbereich

  • Schweine bevorzugen Ecken und Wände um ungestört zu sein
  • Trittfesten Boden mit ausreichender Perforation, Kombination aus Dreikantrost und Betonspalten
  • Offene Abtrennung fördert Markierverhalten
  • Wenig Aktivität
  • Feuchte Flächen führen zu vermehrtem Urin- und Kotabsatz

Faserreiches Beschäftigungsmaterial

  • Ausreichend faserreiches Beschäftigungsmaterial um Wohlergehen zu steigern
  • wenn möglich Material auf dem Boden um wühlen zu ermöglichen



Position der Fütterung

  • Fütterung am Rand für einfachere Trennung der Funktionsbereiche
  • auf perforierter Fläche um Verschmutzung vorzubeugen
  • ausreichend Fressplätze um Stress zu reduzieren und gemeinsames Fressen zu ermöglichen

Vergleich von perforierten Flächen

  • Betonspalten bieten bessere Trittsicherheit
  • Dreikant hat bessere selbstreinigende Wirkung, kann jedoch durch langfaseriges Material wie Heu zugesetzt werden
  • Tiere liegen weniger auf Dreikant und damit mehr auf der Liegefläche

Kontakt

M. Sc. Svenja Opderbeck

svenja.opderbeck@uni-hohenheim.de

 


Teilprojekt III - Entmistung


Übersicht

In den meisten konventionellen Schweineställen in Deutschland werden die Tiere in Voll- oder Teilspaltenbuchten gehalten.

In diesen Systemen führt der Einsatz von Faserreichen Beschäftigungsmaterial zu großen Problemen bei der Entmistung.

Materialen wie Stroh und Heu werden nur zum Teil aufgenommen und der Rest landet unter den Spalten in der Gülle. Dieses faserreiche Material kann beim Ablassen der Gülle zu Verstopfungen in den Rohen führen.

Die Universität Hohenheim hat verschiedene Methoden zur Vermeidung von solchen Verstopfungen untersucht.

 

Projektvideo zum Jahr der Bioökonomie: https://www.youtube.com/watch?v=E2NTXR5ltCE

Projektbeschreibung: https://www.nutztierhaltung.de/schwein/mast/stallbau/funktionssichere-fluessigentmistung

 

1. Was passiert unter den Spalten?

2. Problem Heukorb

Heu bereitet in Stausystemen die meisten Sorgen. Es sammelt sich meist konzentriert unter den Heukörben in dichten Kissen aus langen Fasern. Diese Kissen bilden beim ablassen Pfropfen in den Leitungen, welche auch mit Rohrreinigungssystemen nur schwer aufzulösen sind.

Ein Aufrühren oder Auffasern der Schwimmschichten mit klassischen Spaltenrührwerken ist ebenfalls problematisch. Heu wickelt sich sehr stark um alle Arten von Rührelementen.

 

3. Problem Häckselstroh als Einstreu

Häckselstroh wird häufig als Einstreumaterial für die Liegefläche verwendet. Je nach Durchlässigkeit des Bodens und der Einstreumenge können sich hohe und großflächige Schwimmschichten bilden. Wie bei Eisbergen befindet sich der Großteil der vollgesaugten Fasern unter der Gülleoberfläche. Fasermaterial erhöht die Viskosität eines Fluides stark und erschwert eine Homogenisierung der Gülle. zusätzlich reduzieren sich die Fließgeschwindigkeiten in Kanal- und Rohrsystem, was Verstopfungen und Rückstände begünstigt.

Trockene Flächen auf den Schwimmschichten bieten zudem ideale Nistplätze für Mäuse.

Versuchsstand und Modellfluid

Für die Erprobung und Weiterentwicklung verschiedenster Entmistungsmodule wurde ein Versuchsstand im Modellmaßstab konstruiert. Der Versuchsstand erlaubt es vergleichbare und wiederholbar Messreihen durchzuführen, ohne in den Stallbetrieb eingreifen zu müssen, wie es mit Pilotversuchen der Fall wäre. Der offene und transparente Aufbau des Kanal- und Rohrsystems ermöglicht zudem eine optische Beurteilung des Entmistungserfolges und eine stark vereinfachte Auflösung von Verstopfungen.

Da Gülle sehr heterogen ist, wurde ein Modellfluid in verschiedenen Viskositätsstufen entwickelt.  

4. Versuchsstand

 

 

5. Rührwerkskonfigurationen

Hauptfokus der Versuche im Modellmaßstab war die Erprobung verschiedener Rührwerkskonfigurationen. Variiert wurden die Anzahl der Wellen, Anzahl der Rührelemente, Ausrichtung der Welle/Walze, Drehrichtung der Wellen, Dicke der Wellen sowie die Rührgeschwindigkeit. Kombiniert mit unterschiedlichen Pegelständen, Pumpleistungen, Viskositäten und Zusammensetzungen der Schwimmschicht, ließen sich eine Vielzahl an Entmistungsszenarien nachstellen.

Die erfolgversprechendsten Lösungen wurden für den Einsatz im Pilotmaßstab ausgewählt.

6. Modellfluid

Da Gülle sehr heterogen ist, wurde ein Modellfluid in unterschiedlichen Viskositätsstufen entwickelt. Schweinegülle ist strukturviskos, wird also dünnflüssiger je schneller es fließt. Verschiedene natürliche Verdickungsmittel wurden getestet. Die größte Übereinstimmung in den Fließeigenschaften wurde mittels Carboxymethylcellulose erreicht. Ein weiterer Vorteil dieses Verdickers ist, dass er in einer Mischung mit Wasser größtenteils transparent ist, was die Videoauswertung stark erleichtert.  

 

Pilotversuche

Für die Pilotversuche wurden zwei Konzepte ausgewählt. Erstens die optimierte Variante des besten Entmistungsmoduls aus den Modellversuchen und zweitens größere Kanalumbaumaßnahmen, welche nur schwer im Versuchsstand nachzustellen waren. Entmistungsversuche im realen Maßstab waren verhältnismäßig aufwändiger durchführbar. Der Materialaufwand war höher, die Gülle konnte nur begrenzt wiederverwertet werden und Verstopfungen stellten ein gravierendes Problem dar.

7. Pilotmodul mit vier Wellen

Im Modellmaßstab hat sich das Modul mit vier Wellen am erfolgreichsten durchgesetzt. Für das Pilotmodul wurden zusätzlich noch die Wellen im Durchmesser vergrößert um Umwicklungen mit heu zu reduzieren. Auch die Anzahl der Rührelemente pro Welle wurde erhöht, um einen gleichmäßigeren Einzug zu gewährleisten. Das Pilotmodul hat die Maße eines Betonbodenelements und kann mit einem Kranwagen versetzt werden.

Versuche haben gezeigt, dass die Leistung des Moduls auch beim Einsatz von Heu mehr als ausreicht. Umwicklungen gab es keine mehr. Die maximale Menge an Einstreumaterial die aufgerührt werden kann, ist wesentlich größer als die maximale Menge die das Rohrsystem aufnehmen kann. Die Modulleistung muss hier an die jeweilige Stallumgebung angepasst werden.

8. Kanal Unterteilung

Der Einbau von Wannen, Schleusen oder sonstigen unterteilenden Maßnahmen in den Kanal ist eine weitere Möglichkeit, Schwimmschichten aufzugliedern. Dadurch, dass die einzelnen Kompartimente einzeln abgelassen werden können, erhöht sich die Fließgeschwindigkeit und es entsteht ein Strudel über dem Auslass, der die unterteilte Schwimmschicht zusätzlich aufreißt. Diese Methoden stellen die funktionssicherste Variante aus den Versuchen dar. Es gab auch bei den höchsten Materialmengen keine Verstopfungen.

Wannen hingegen stellten sich als unnötig heraus. Die glattere Oberfläche ergab keinen Nutzen im Vergleich zu Beton oder Kunststoff. Eine Veränderung der Wannenform war sogar hinderlich, sie begünstigte Brückenbildung der Schwimmschicht. Die Gülle floss unter der Schicht ab, ohne diese mitzureißen.

Kontakt

M. Sc. Bastian Kolb

bastian.kolb@uni-hohenheim.de